Wellness

 

Well, okay, es nicht gerade neu, dieses Wort. Befremdlich in seinem häufigen Gebrauch aber schon. Englisch wie so vieles, was trendy ist und wofür unsere deutschen Worte offensichtlich nicht taugen. Die englischen Begriffe werten die Dinge auf, machen sie reizvoller, verändern sie zum Teil. Sie bringen ein wenig Fremdheit ins Vertraute und die grosse weite Welt in die eigene kleine. Wer geht schon einkaufen, wenn Shoppen angesagt ist, und meint, easy lasse sich so ohne weiteres mit leicht übersetzen. All dies zu verstehen ist ziemlich schwer, was aber mit heavy nicht richtig wiedergegeben wäre. Wieso bloss sagen wir Wellness anstatt Wohlbefinden? Weil Wohlbefinden bieder klingt und langweilig? Weil man gewiss nicht in ein Wohlbefinden-Center ginge und „Wohlbehagen-Ferien“ nur lächerlich klänge? Wohlbefinden bringt, so scheint es, niemanden zum Träumen, Wellness hingegen setzt Wunschenergien frei. Erneuerung winkt, gebündelte Energie und Kraft nach erfolgreicher Entspannung. Wellness ist ein Heilsversprechen und ein Verkaufsschlager, das Wellness-Center ein Körper-Kultort, an den pilgert, wer mühselig und beladen ist. Stress wird abgebaut, vielleicht etwas Fett, in jedem Fall Geld. Was hinein- und anschliessend wieder gestärkt herauskommt ist der sogenannte „Wellness-Mensch“, eine Weiterentwicklung des Homo sapiens, den es bei all seinem Tun und Wissen nach Inseln des Wohlbehagens und Vergessens verlangt. Da er nach wie vor das Denken nicht lassen kann, weiss er, dass auch der Kopf ein Körperteil ist und ein erfrischter Körper nichts nützt, wenn sein Geist lustlos und schlaff bleibt. „Body and Brain“ lautet die prompte Antwort von Wellness-Organisatoren, die in ihren Kursen nun Körperkuren mit Denkseminaren verbinden. Schade nur, dass in der Welt, wie wir sie kennen, ein Muskel schneller wächst als ein Verstand.

 

Silvia Strahm Bernet

 

 

© Silvia Strahm 2017 / Essay