Was das alles wieder kostet

 

Der Muttertag ist längst vorbei. Die Mütter jedoch noch immer da. Sie werden immer weniger, aber noch gibt es sie. Man schätzt sie, kostbar, wie sie geworden sind. Sehr sogar, sagt man. An und für sich jedenfalls. Vor allem für sich. Zeigen sie sich trotzdem in der Öffentlichkeit, sind sie einem am liebsten, wenn sie Kinderwagen vor sich herstossen mit gelockten Kindern darin, die friedlich schlafen. Oder wenn sie auf Spielplätzen sitzen, wo sie die Kleinen mit Bananen füttern und auf wunde Knie blasen und nachher auf dem kürzesten Weg nach Hause gehen. Nicht so gerne sieht man sie in Eisenbahnen oder Cafés. Bitte kinderfrei, fleht es aus mancherlei Augen. Im Unterschied zu Zigaretten sind Kinder zwar nicht krebserregend, aber nervtötend. Und wenn Kinder denn sein müssen, dann bitte reizende, allerliebste kleine Weichmacher, die mit grossen Augen köstliche Dinge erzählen. WeltdeuterInnen, die einen das Staunen wieder lehren und die zweite Naivität. Und einem später die AHV bezahlen. Ein bisschen Realitätssinn muss sein. Sie sind zwar manchmal goldig, aber man soll sich nichts vormachen, mit diesem Gold kann man sich nichts kaufen.

 

Natürlich sind Kinder kostbar, manchmal sogar köstlich. Aber sie kosten auch. Von den Müttern gar nicht zu reden. Die sind der Gesellschaft teuer, sehr teuer. So teuer, dass man sie am liebsten wegschliessen möchte, damit ihnen nichts passiert. Vor allem keine Erwerbstätigkeit oder gar Doppelbelastung. Zuhause in ihren vier Wänden ist es schön. Und Muttersein ein so wunderbarer Beruf – vielseitig, abwechslungsreich, herausfordernd, befriedigend. Aber nein, die Frauen wollen jetzt lieber eine Karriere als Kinder. Noch lieber beides. Sollen Sie doch. Aber bitte auf eigene Kosten. Die Bäuche sollen wachsen, der Staat wird in der Zwischenzeit auf Diät gesetzt. Ein Widerspruch? Aber nein. Das ist die Selbstverantwortung. Der Staat ist doch keine Mutter, dafür gibt es schliesslich Frauen. Und gibt er ihnen den kleinen Finger nicht mehr, lassen sie irgendwann auch die Hand in Ruh.

 

Silvia Strahm Bernet

 

 

© Silvia Strahm 2017 / Essay