Klein, aber fein

 

Alle müssen sparen. Auch die Kirchen. Wegen sinkender Einnahmen und schrumpfendem Interesse. Da und dort, auch in der Schweiz, stehen Kirchen zum Verkauf. Es ist nicht anzunehmen, dass sich das bald ändern wird. Das fordert nicht nur den Glauben heraus, sondern auch die Phantasie. Nun ist Phantasie leider keine christliche Tugend. Das braucht nicht weiter erläutert zu werden, denn, wer Augen hat zu sehen, der sieht es.

 

Ab und zu, wenn ich in einem Gottesdienst sitze und mich frage, ob wenigstens Gott sein Freude daran hat, mache ich mir so meine Gedanken. Ich möchte die Kirche nicht missen.

 

Nicht an sich. Bloss ohne die gegenwärtige käme ich recht gut aus.

 

Natürlich ist diese Einschätzung grob und ungerecht. Wie so oft geschieht auch hier das Wesentliche eher unbeachtet und am Rande. In den Nischen blüht die offiziell verschmähte religiöse Phantasie. Einzelne Gemeinschaften, Pfarreien, City-Kirchen, Frauenkirchen, alle proben sie das Überleben – mit durchaus offenem Ausgang.

 

Von Umfrage zu Umfrage wird uns versichert, dass auch hierzulande die Mehrzahl der Menschen nach wie vor an etwas glauben. Irgendwie. Und wenn es Not tut. Es ist ein Glaube von der Hand in den Mund. Vorräte werden kaum mehr angelegt. Mag die Mahlzeit, die man sich zubereitet, auch karg sein, zum Überleben reicht sie. Ist das gut, ist das schlecht? Es ist, wie es ist: der herrschende Trend. Und der will die ungebremste, freie Fahrt. Und ein Leben, dessen Glück man selber schmiedet. Dass die freie Fahrt auch eine leere sein könnte, taucht als Ahnung manchmal auf. Und verschwindet meist wieder.

 

Ich möchte die Kirche nicht missen. Ihre Räume nicht, ihre Fragen nicht. Längst ist sie der Erde Salz nicht mehr und kein Licht in der Finsternis. Aber als Sand im Getriebe der Welt könnten sie durchaus taugen. Daran gewöhnt, den Menschen den Fels, auf dem sie sitzt, in den Weg zu werfen, müssten sie sich an die Feinheiten des Sandes aber erst noch gewöhnen. In die Augen streuen kann sie ihn niemandem mehr. Aber in die allzu gut geölte Fahrt. Eine kleine Tat nur, aber eine feine.

 

Silvia Strahm Bernet

 

 

© Silvia Strahm 2017 / Essay