Herzallerliebst

 

Herzallerliebst? Veraltet! Gemäss Duden. Wird nicht mehr gebraucht. Sehr lieb, heisst das nun. Ein klangloses "sehr" ersetzt das Herz, eine Mengenangabe die Phantasie. "In hohem Mass lieb". Die alte Gefühlsskala mit Herz und allenfalls Schmerz gilt nicht mehr in der nüchternen Zeit der Zahl. Man kann es auch Ernüchterung nennen. Die romantische Glasur, der gefühlsselig gesteigerte Liebesschwur – von der Realität gekratzt und zur ehrlichen Dimension geschrumpft: sehr lieb. Mit dem entfernten Herzen aber verschwindet das Lebenswichtige, das einen mit dem verbindet, was man liebt. Auf so elementare und gleichzeitig meist so unauffällige Weise wie das Herz, das im Leben hält

 

Herzallerliebst, veraltet?

 

Silvia Strahm Bernet

 

 

© Silvia Strahm 2017 / Essay