Ein Buch mit sieben Siegeln

 

Wirtschaft – ein Buch mit sieben Siegeln. Das sagt man so. Das sagen viele. Also lässt man es besser ungeöffnet. Nicht bloss, weil man, was drin steht, nicht versteht, sondern weil das Buch gefährlich ist. Wird es geöffnet, beginnt die Apokalypse. So jedenfalls schreibt es die Offenbarung des Johannes.

 

Die sieben Siegel, könnte man weiter phantasieren, stehen für all die Dinge, die wir zur Kenntnis nehmen können, aber die meisten von uns dennoch nicht wirklich verstehen. Oder verstehen Sie, was Futures, Credit Default Swaps, Hedge-Fonds oder Derivate sind und Rating Agenturen eigentlich tun? Ich habe nur so viel verstanden, als dass es sich dabei um eine Blase handelte, die jetzt geplatzt ist. Eine Blase aus Wertpapieren ohne realen Wert. Erfunden von erwachsenen Männern mit unkontrolliertem Spieltrieb. Aber sie spielten mit uns. Was die wenigsten störte, solange es Gewinne abwarf, die ein klein wenig auch bis nach unten tröpfelten.

 

Das Buch mit den sieben Siegeln, von dem wir ahnten, dass sehr unangenehme Dinge drinstehen, wir überliessen es den Fachleuten. Was die davon verstanden? Auch nicht viel. Und das ist noch die nettere Variante. Sie verstanden immerhin so viel, um damit ihre Taschen zu füllen. Und jetzt? Überdenkt man die Art unseres Wirtschaftens? Erkennt man den Bankrott nicht bloss von Banken, sondern der neoliberalen Martkttheorie? Gibt es neue führende Köpfe, die neue Ideen umzusetzen suchen? Ich sehe nichts. Ich reibe mir die Augen. Habe ich irgendetwas verschlafen?

 

Silvia Strahm Bernet

 

 

© Silvia Strahm 2009 / Essay