Der Muttikan

 

Der Muttikan tauchte kurz nach der Papstwahl auf – als Witz. Kann man darüber lachen? Man kann. Dass Frauen Hosenrollen beanspruchen, lange ist es her. Und grundsätzlich erkämpft. Nicht aber die Röcke, jedenfalls nicht die priesterlichen. Kurios eigentlich. Wo doch das Röcke tragen und Dienen lange Zeit als weiblich galt. Gut. Sogar eine Kirche ist voller Widersprüche. Das macht sie menschlich, sagt man. Obwohl es sie hier männlich macht, aber lassen wir das. Denken hilft nichts. Denn mit Denken hat es nichts zu tun. Ausserdem wird Denken im Fall von Frauen und Priesteramt ausdrücklich verboten! Jedenfalls wenn es öffentlich auftritt oder gar niedergeschrieben wird. Den priesterlichen Rock ziehen Frauen nicht an. Jetzt nicht und nicht in Zukunft. Anweisung von ganz oben! So einfach ist das. Auch wenn man es nachträglich in theologischer Geheimsprache wortreich erklärt. Wer es zu entschlüsseln weiss, der entschlüssle es. Klüger wird man darob nicht. Nur wütender. Wo wir wieder beim eigentlich Problem wären. Jenen Frauen, die quengelnden Kindern gleich, nicht aufhören können, genau das eine zu wünschen, das sie nicht kriegen können. Wo es doch genügend andere Betätigungsfelder gibt, sogar viel viel schönere. Und Männer machen das ja auch nicht freiwillig. Sie werden dazu berufen. Auserkoren. Voraussetzung: Die richtige physische Grundausstattung. Von Bevorzugung kann keine Rede sein, vor Gott sind ja bekanntlich alle Menschen gleich. Noch Fragen? Ja. Reichte eine Operation?

 

Mit Witzen kommt man nicht weiter. Und schon gar nicht in den Vatikan. Der müsste schon ein Muttikan sein. Was eigentlich gar kein schlechter Scherz ist. Immerhin „ist“ die Kirche unsere Mutter und der Schoss, aus dem wir, im Tauf-Becken, als ChristInnen wiedergeboren werden. Ernsthaft sieht darin aber wohl niemand eine Alternative. Auch wenn Muttikan(n) was Vatikan(n), nur vielleicht etwa anders, so wünschten sich die meisten nur eines: endlich als Erwachsene behandelt zu werden.

 

Silvia Strahm Bernet

 

 

© Silvia Strahm 2005 / Essay